Astrid Nischkauer über „Ewigzeit“ von Ásta Fanney Sigurðardóttir

Erst seit wenigen Tagen liegen die Stationen einer Lesereise in Berlin mit der isländischen Musikerin, Performerin und Dichterin Ásta Fanney Sigurðardóttir und ihrem im ELIF Verlag frisch erschienenen Gedichtband Ewigzeit zurück, da lässt mich eine Rezension des Buches in der Online-Literaturzeitschrift Signaturen-Magazin erneut ein vergleichbares Glücksgefühl empfinden.
Magisch Märchenhaftes, Mythologisches und fantastische Traumwirklichkeiten verbinden sich in den Gedichten von Ásta Fanney Sigurðardóttir zu so schnell um sich selbst im Kreis wirbelnden Wortgebilden, dass die Zeit fast schon wieder still zu stehen scheint, schreibt Astrid Nischkauer hier und fährt u.a. fort: Märchenhaft bedeutet allerdings nicht nur märchenhaft schön, sondern ebenso märchenhaft brutal und grausam, denn das gehört zu klassischen Märchen gleichfalls dazu, und auch dieser Aspekt findet sich in den Gedichten: „jetzt wird der wagen sieh auf viermal fleisch fleisch fleisch fleisch / verschmierten steinen gezogen“. Ein weiteres wichtiges Moment in der Lyrik von Ásta Fanney Sigurðardóttir ist das des Spiels. Damit meine ich zum einen Sprach- und Gedankenspiele in den Gedichten: „ein fluss der zu einer pfütze die zu einem fluss wurde“. Zum anderen aber auch das Setting bzw. die im Gedicht ausgedrückte Empfindung, sich selbst in einem Spiel wiederzufinden, bei dem man die Regeln nicht kennt.
Schließlich fasst Astrid Nischkauer zusammen: Es lässt sich sagen, dass „Ewigzeit“ von Ásta Fanney Sigurðardóttir ein sehr gutes Beispiel dafür ist, warum es so schön und wichtig ist, über den eigenen (Sprach)-Tellerrand hinauszublicken und Übersetzungen zeitgenössischer Lyrik zu lesen. „Ewigzeit“ ist im besten Sinne horizonterweiternd, unberechenbar, voll rasendem Elan bei gleichzeitig ungeheurer, also fast schon gespenstischer, Sprachpräzision.
Abschließend wäre noch zu erwähnen, was bereits deutlich geworden sein sollte: Ásta Fanney Sigurðardóttir ist eine Frau mit sehr viel Humor, der in ihren Gedichten nicht zu kurz kommt. Und das Schöne dabei ist, dass auch die Übersetzungen von Wolfgang Schiffer und Jón Thor Gíslason nur so von Humor sprühen und damit ein sehr großes Lesevergnügen sind.
Die vollständige Rezension von Astrid Nischkauer findet sich bei Interesse unter diesem LINK.
Damit aber noch nicht genug im Signaturen-Magazin: Am selben Tag veröffentlicht ihr Herausgeber Kristian Kühn zu unserer, der Übersetzer-Komplizenschaft Gíslason/Schiffer großen Freude zusätzlich noch drei Gedichte der Autorin selbst, in der Magazinreihe Wortlaut Island. Eines davon sei hier abschließend zitiert, zu den weiteren führt ebenfalls ein LINK, zu dessen Anklicken ich herzlich einlade.
BLITZ & KÖSTLICHKEITEN [CAFETERIA]
wir wendeten eine list gegen den aberglauben an
der jenseits der großen hügel wartete
und eine scheinfrucht
versteckte
hinter durchsichtigen schleiern
ich gebäre sonnen
für scheinmorgen
glitschige planeten
im traum cocktailschuhe tragend
wasserdicht und lang
und beuge mich über den brunnenrand
auf der suche nach einem spiegelbild
ein nachthaariger kellner
begegnet mir auf der wendeltreppe
ich
ja du
ich habe den wasserspiegel nicht versteckt
ich sah ihn verschwinden
wie eine weiße katze im schnee
die nachbarn auf der schulter
gießen brandung
kräuseln das glatte
ich kam nicht hierher um wölfen die zähne zu putzen
wir warten immer noch
der blitz kommt näher
ein goldmond zeichnet schattenbilder
Und wer nun den Gedichtband in Gänze lesen will, der sei noch einmal auf den ELIF Verlag verwiesen, der dieses Buch (und manche weitere mit Lyrik aus Island) veröffentlicht hat.