Gedichte von Jakub Stachowiak

Und wieder sind 14 Tage vergangen seit dem letzten Beitrag in der Reihe Wortlaut Island des Signaturen-Magazins, des Forums für autonome Poesie, was seinen Herausgeber Kristian Kühn natürlich sofort veranlasst, einen weiteren Vorschlag unsererseits, des Übersetzerduos Gíslason/Schiffer, von der stetig flacher werdenden Zukunftshalde zu nehmen und ins Netz zu stellen.
Der Name des Dichters klingt diesmal gar nicht isländisch, und tatsächlich ist Jakub Stachowiak nicht mal in Island geboren, lebt hier aber seit einiger Zeit und erlebt erste Erfolge als Autor von in isländischer Sprache geschriebenen Gedichten.
So ist das folgende Gedicht, das ich hier von dreien im Signaturen-Magazin veröffentlichten Texten vorstellen will, beim diesjährigen Wettbewerb um den Ljóðastafur Jóns úr Vör, den Poesiestab Jón úr Vör, benannt nach dem isländischen Bibliothekar und Dichter Jón úr Vör (1917 – 2000), mit dem 2. Platz ausgezeichnet worden.
GETRÄUMT IN DER TAGUNDNACHTGLEICHE
im sprühregengleichen
Septembernebel
gehe ich auf Zehenspitzen
störe nicht die Stille
und für längere Zeit
hört man nichts
bis die Stille so tief wird
dass ich das Schnarchen
eines Sargmachers höre
aus dem Haus nur wenig entfernt
ich folge ihm bis ich
zu einem merkwürdigen Friedhof komme
statt Grabsteine
schauen dort Geweihe von blinden
Damhirschen aus der Erde hervor
Wen dieses Gedicht nun neugierig gemacht hat auf die beiden weiteren Texte des Autors, mit denen er erstmals in deutscher Übertragung vorgestellt wird, der klicke nun auf diesen LINK; er führt zur Seite Wortlaut Island und damit zu den Beispielen von Jakub Stachowiak sowie zu den Gedichten von inzwischen mehr als 40 weiteren Lyrikerinnen und Lyrikern aus Island.
Jakub Stachowiak, geboren 1991 in Polen, lebt in Reykjavík; er studiert Kreatives Schreiben an der Universität von Island und ist als Postbote sowie bereits als Schriftsteller tätig. Nach ersten Gedichten in Zeitschriften wie Tímarit Máls og menningar u.a. sowie in der Anthologie Pólífónía af erlendum uppruna, einer Sammlung von Gedichten ausländischer Dichter, die in Island leben, veröffentlichte er 2021 einen ersten, mit einem Förderstipendium bedachten Gedichtband: Næturborgir / Nächtliche Städte.