Ausgezeichnet: Tower of Babel & Screener

Die ARD Hörspieltage

Vor dem ZKM …

Vor dem ZKM …

Platz der Menschenrechte ist nicht der schlechteste Name, den man dem Areal vor dem ZKM, dem Zentrum für Kunst und Medien in Karlsruhe, hat geben können, ist es  doch allen Künsten und Medien, wie sie sich hier in dieser weltweit einzigartigen Kulturinstitution zusammenfinden, überall auf der Welt nur dann möglich, sich zu entfalten, wenn ihren Urhebern diese und von ihnen unmittelbar abgeleitete Rechte garantiert sind.

Ein Blick auf das Gebäude …

Ein Blick auf das Gebäude …

Vom 9. bis 13. November fand in dem denkmalgeschützten Industriebau aus dem Jahr 1915, der das ZKM beherbergt, nun die 13. Neuauflage der ARD Hörspieltage statt und feierte damit einmal mehr ein Genre, das allgemeinhin als die einzige künstlerische Ausdrucksform des Radios gilt.

Im Kern dieser alljährlichen Veranstaltung steht der Wettbewerb um den Deutschen Hörspielpreis der ARD und den ARD Online Award sowie deren Verleihung in der samstäglichen Nacht der Gewinner – ein Titel der bereits darauf hinweist, dass es mehr als nur diese beiden Preise gibt.

Neben dem Kinderhörspielpreis der Stadt Karlsruhe und dem Kinderhörspielpreis der ARD – dem Kinderhörspiel ist traditionell der das Festival abschließende Sonntag gewidmet –  stand diesmal erstmals auch der Deutsche Hörspielpreis – Beste schauspielerische Leistung auf dem Programm. All diese Preise, ergänzt noch um das Ergebnis des ARD PiNball, eines Wettbewerbs um Hörspiele, die außerhalb der produzierenden Rundfunkanstalten entstanden sind, sowie die zahlreichen weiteren Veranstaltungen wie Vorträge, Konzerte, Live-Hörspiele, Klangprojekte  und vieles mehr, das die Wettbewerbe flankierte,  sind aktuell nachzuverfolgen auf den Seiten der ARD Hörspieltage 2016.

Das Live-Hörspiel „Suspicion / Verdacht“ nach dem gleichnamigen Film von Alfred Hitchcock lockte viele Besucher …

Das Live-Hörspiel „Suspicion / Verdacht“ nach dem gleichnamigen Film von Alfred Hitchcock lockte viele Besucher …

Etwas näher eingehen möchte ich noch auf den Wettbewerb um den Deutschen Hörspielpreis der ARD und den ARD Online Award. Um diese Preise konkurrierten in diesem Jahr 12 Produktionen von den Rundfunkanstalten der ARD, von DRadio, dem österreichischen ORF und dem schweizerischen SRF. Im Unterschied zu den zuvor genannten Auszeichnungen, deren Findung eher im Verborgenen durch Fachjurys stattfindet, ist dieser Wettbewerb weitgehend öffentlich. Natürlich gibt es beim Deutschen Hörspielpreis der ARD ebenfalls eine Fachjury – unter dem Vorsitz des erfahrenen Theatermannes Hermann Beil bestand diese in diesem Jahr aus der Kulturmanagerin und Kuratorin zahlreicher Kunstevents Elisabeth Schweeger, der freien Hörspielregisseurin Elena Zieser, dem freiberuflichen Autor Oliver Bukowski und dem Rektor der Hochschule für Schauspielkunst „Ernst Busch“ Berlin Wolfgang Engler – diese Fachjury jedoch diskutiert das jeweilige Hörspiel nach seiner öffentlichen Vorführung stets auch öffentlich vor dem anwesenden Publikum.

Die Jury des Deutschen Hörspielpreises der ARD, v.l.n.r.: Wolfgang Engler, Elena Zieser, Hermann Beil, Elisabeth Schweeger, Oliver Bukowski …

Die Jury des Deutschen Hörspielpreises der ARD, v.l.n.r.: Wolfgang Engler, Elena Zieser, Hermann Beil, Elisabeth Schweeger, Oliver Bukowski …

Das Frageforum mit Jörg Biesler und Martina Müller-Wallraf, Hörspielchefin im WDR, der in diesem Jahr das Hörspiel „Screener“ von Lucas Derycke zum Wettbewerb eingereicht hat …

Das Frageforum mit Jörg Biesler und Martina Müller-Wallraf, Hörspielchefin im WDR, der in diesem Jahr das Hörspiel „Screener“ von Lucas Derycke zum Wettbewerb eingereicht hat …

Und damit dieses Publikum sich selbst auch einbringen kann, gibt es im Anschluss daran ein von dem Moderator Jörg Biesler geleitetes Frageforum, in dem ein jeder die Gelegenheit hat, mit Machern, Dramaturgen und weiteren Beteiligten des zuvor gehörten Hörspiels überdieses zu sprechen.

Spannend bei diesen Frageforen ist es stets, Einschätzungen und Beurteilungen der Fachjury mit denen der Hörerinnen und Hörer zu vergleichen. Nicht immer stimmen diese wirklich überein, was ich getrost als ein Zeichen dafür nehme, dass das Hörspiel in seiner ganzen Vitalität und Vielfalt, die sich hier in Karlsruhe auch in diesem Jahr wieder aufs Eindrucksvollste zeigte, immer noch die Gemüter zu erregen und vor allem die Fantasie auf ganz unterschiedliche Weise anzuregen versteht.

Darüber hinaus hatten die Hörerinnen und Hörer die Chance, die Hörspiele des Wettbewerbs bereits seit längerer Zeit im Netz zu hören. Hier nämlich waren sie eingestellt, um vom Netz-Publikum für den ARD Online-Award bewertet zu werden. Ein jeder konnte sich aus den zwölf zur Diskussion stehenden Produktionen diejenige auswählen, die ihn am meisten überzeugte, ihm am besten gefiel. Dann  brauchte es nur noch seinen Klick und seine Stimme wurde zugunsten der gewählten Produktion gespeichert – pro Absender einmal. Die Produktion, die die meisten Stimmen auf sich versammeln kann, wird mit dem ARD Online Award gekürt.

Die Spannung steigt …

Die Spannung steigt …

Der ARD Online Award dieses Jahres, der Publikumspreis also, ging an die WDR-Produktion Screener von Lucas Derycke. Es ist ein höchst aktuelles Hörspiel, das die emotionale Überforderung, den Zusammenbruch eines jungen Mannes hörbar macht,  der als Content Reviewer für ein großes Internet-Unternehmen arbeitet, das heißt, Tag für Tag das Netz nach illegalem Material, Gewaltszenen, Pornografie, Snuff-Videos und so weiter durchkämmt, es löscht und hofft, von all dem unbeeindruckt zu bleiben …

Mit dieser Wahl war der Unterschied in der Wahrnehmung dieses Hörspiels zwischen Publikum und Fachjury minimal – zusammen mit den Hörspielen Tower of Babel des weltweit bekannten Theatermachers Robert Wilson (Produktion: hr/BBC/NDR/rbb/SWR) und Dshan von Lothar Trolle nach Motiven des Romans von Andrej Platanow, fürs Radio eingerichtet und inszeniert von Walter Adler (Produktion: SWR), hatte diese nämlich auch Screener auf die drei Produktionen umfassende Shortlist zum Deutschen Hörspielpreis der ARD gesetzt.

Am Ende jedoch entschied sich die Jury für ein anderes Hörspiel: Tower of Babel, in dem Robert Wilson nicht zuletzt Beispiele der  Kunst und des menschlichen Geistes aus vielen Epochen in einer opulenten Collage zusammenführt und die bekannte biblische Geschichte somit quasi umkehrt, indem er auf die verbindende Kraft der Kunst verweist. Mit nur drei zu zwei Stimmen für Tower of Babel war die Entscheidung allerdings sehr knapp – ein Beleg für die herausragende Qualität beider Stücke!

Ein Fotograf beim Versuch, die zahlreichen Preisträgerinnen und Preisträger zu „stellen“ …. Alle Fotos: Wolfgang Schiffer

Ein Fotograf beim Versuch, die zahlreichen Preisträgerinnen und Preisträger zu „stellen“ …. Alle Fotos: Wolfgang Schiffer

Allen Gewinnern auch von dieser Stelle einen herzlichen Glückwunsch!

Ich freue mich schon auf die ARD Hörspieltage 2017!

 

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Über Wolfgang Schiffer

Literatur (und alles, was ihr nahe ist) ist m. E. eines unserer wichtigsten Nahrungsmittel. Also zehre ich von ihr und versuche, sie zugleich zu nähren: als Autor, als Übersetzer, als Vermittler und nicht zuletzt als Hörer und Leser.
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