Jörg Sundermeier erhält den Karl-Heinz Zillmer-Preis für verdienstvolles verlegerisches Handeln
In der Stadt, in der ich lebe, gilt es bereits als Beginn einer Tradition, wenn man etwas zum zweiten Mal tut.
Als ich Ende 2013 aus Anlass der Zuerkennung des Kurt-Wolff-Preises 2014 an den Verbrecher Verlag an dieser Stelle ein Interview mit dem Verleger und Programmchef Jörg Sundermeier veröffentlichte, ahnte ich natürlich nicht, dass ich mich bald wieder aus einem vergleichbaren Anlass mit ihm und den von ihm herausgegebenen Büchern beschäftigen – und somit wohl den Beginn einer neuen Traditionslinie festlegen würde.
Nun aber ist es so: die Hamburger Kulturstiftung hat mitgeteilt, dass Jörg Sundermeier mit dem Karl-Heinz Zillmer-Preis 2016 ausgezeichnet wird, und ich wünsche ihm, dass die besagte Linie sich weiter festigen und lange anhalten möge.
Der Preis (Anmerkung am Rande: Johann P. Tammen, der langjährige Herausgeber der Zeitschrift für Literatur, Kunst und Kritik die horen, von der hier in den „Wortspielen“ häufiger die Rede ist, hat ihn 1998 ebenfalls erhalten) ehrt alle zwei Jahre Personen des literarischen Lebens, die sich durch besonders mutige und weitreichende Entscheidungen und großen persönlichen Einsatz um die Literatur verdient gemacht haben.
Stifter des mit 10.000 Euro dotierten Preises ist der Hamburger Diplom-Ingenieur Karl-Heinz Zillmer, über die Preisvergabe entscheidet eine Jury, der in diesem Jahr Tobias Becker vom Spiegel, die Autorin Lucy Fricke, Professor Dr. Rainer Moritz, der Leiter des Literaturhauses Hamburg, Birgit Politycki von der Literaturagentur Politycki & Partner sowie Stephan Samtleben von der gleichnamigen Buchhandlung in Hamburg angehörten.
Die Auszeichnung von Jörg Sundermeier begründete diese Jury unter anderem wie folgt:
Der Verbrecher Verlag wurde 1995 in Berlin gegründet und hat seitdem über 200 Bücher herausgebracht. Mehrbändige Ausgaben, die verlegerische Besessenheit zeigen, wie die Tagebücher von Erich Mühsam oder das Romanepos Das Büro des niederländischen Autors J.J. Voskuil. Romane, die wild und großartig sind, wie die von Dietmar Dath, Anke Stelling oder Almut Klotz. Kluge Sachbücher, wie die von Karsten Krampitz zur DDR-Vergangenheit. Dazu Kunstbücher, Comics und die Literaturzeitschrift metamorphosen. All das Politische, Tollkühne, Künstlerische findet im Verbrecher Verlag ein Zuhause.
Die Aufzählung der genannten Autoren, die ihr Öffentlichsein dem Berliner Verleger und seinem Verlag verdanken, lässt sich mühelos um viele weitere als den bislang genannten ergänzen – erwähnen will ich hier nur die äußerst verdienstvolle Arbeit an weiteren Werkausgaben wie die von Gisela Elsner, Christian Geissler oder Giwi Margwelaschwili oder die Debüts von Nino Haratschwili oder Lisa Kränzler – legendär sind auch die „Verbrecher Versammlungen“, bei denen der Verlag seit vielen Jahren regelmäßig zu Lesungen, Vorträgen und Diskussionen, Konzerten und anderen publikumstauglichen Performances einlädt – seit 2014 in die Fahimi Bar am Kottbusser Tor.
Dies mitbedenkend, kommt die Jury zu einer abschließenden Würdigung:
Das Engagement des Verlegers Jörg Sundermeier wirkt weit über den eigenen Verlag hinaus. Er ist einer der ausdauerndsten Kämpfer für die unabhängige Literaturszene und war 2009 Mitinitiator der Hotlist, des jährlich vergebenen Buchpreises der unabhängigen Verlage.
Die Preisverleihung findet am 11. Oktober 2016 im Warburg-Haus in Hamburg statt. Dr. Carsten Brodsa, Staatsrat der Kulturbehörde Hamburg, wird den Preis überreichen, die Laudatio hält Daniel Beskos vom marisch Verlag – er und sein Verlagskollege Peter Reichenbach wurden zuletzt mit dem Karl-Heinz Zillmer- Preis geehrt.
Ein kleines literarisches Programm wird es bei der Verleihungsfeier ebenfalls geben: Anke Stelling liest aus ihrem preisgekrönten Roman Bodentiefe Fenster – und ich darf dem von Gerd Busse ins Deutsche übertragenen Kultzyklus Das Büro von J.J. Voskuil, von dessen sieben Bänden bis dahin die ersten fünf im Verbrecher Verlag erschienen sein werden, meine Stimme geben: Ich werde versuchen, sie möglichst wohl klingen zu lassen, um so meine Gratulation zu der Auszeichnung zu bekräftigen!
Eine gute Tradition, auch wenn sie noch so jung ist! Mir gefallen die Bezeichnungen „verlegerische Besessenheit“ und Literatur, die „wild und großartig“ ist sehr – und das Beste: Sie passen hier perfekt. Viel Freude bei der Verleihungsfeier – den wohlklingend ertönenden Voskuil würde ich gar zu gerne hören, ein wahnsinnig wildes, gutes Buchunternehmen ist dieses Büro!
Danke fürs Freude-Wünschen! Die werde ich haben! Ein wenig Büro kann man in der 41. und 42. Woche übrigens als WDR 3 Lesezeichen hören: 10 x 10 Minuten. Angesichts der Fülle des Romans natürlich nicht viel, aber ein Anfang ist es immerhin!
Mal schauen, ob ich den Sender reinkriege … aber immerhin bin ich ja schon lesenderweise bei Band 3 🙂