Meine Reise durch die isländische Poesie
Einen von ihnen, Ragnar Helgi Ólafsson, habe ich hier kürzlich vorgestellt – zusammen mit der erfreulichen Nachricht, dass sein Gedichtband in unserer Übersetzung 2017 vollständig als zweisprachige Ausgabe im Elif Verlag erscheinen wird – heute will ich diesem Dichter einen weiteren Autor folgen lassen: Sveinn Yngvi Egilsson.
Mit Übersetzungen einiger früherer Texte hat Sveinn Yngvi Egilsson, der nach verschiedenen, neben dem Schreiben ausgeübten Tätigkeiten, u. a. als Lehrer, Verleger und Redakteur, heute als Professor für Isländische Literatur an der Universität in Reykjavík lehrt, bereits Eingang in die Anthologie Am Meer und anderswo gefunden – 2014 veröffentlichte er nun einen Band mit Prosagedichten: Hjarðljóð úr Vesturbænum / Hirtengedichte aus der Weststadt.
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Erschienen ist der aktuelle Band als Ausgabe des Autorenkollektivs 1005 in Zusammenarbeit mit dem Kind Verlag, und denkt man an die Größe Islands und den vielfältig ausgeprägten Multitalenten, die dort kreativ sind, so verwundert es vielleicht nicht, dass der zuvor erwähnte Ragnar Helgi Ólafsson nicht nur diesem Kollektiv ebenfalls angehört – er hat dem Band Hjarðljóð úr Vesturbænum / Hirtengedichte aus der Weststadt sogar qua Cover und Umbruch auch seine Gestalt gegeben.
Ich schätze die Prosaminiaturen dieses Bandes, die in einer bezaubernden Leichtigkeit aus der Fülle des isländischen Lebens schöpfen, sehr; von der Fähigkeit genauen Beobachtens zeugend, kommen sie wirklich völlig unangestrengt daher, zugleich verbreiten sie einen schönen Witz und eine wärmende Menschlichkeit.

Island: Blick aus der Harpa, der Kongress- und Konzerthalle Reykjavíks – in der häufig auch Bücher ihr Publikum finden… Fotos: Wolfgang Schiffer
LESTUR BÓKA
Aðlesa bók er bara aðferð til að hafa eitthvað á milli andlitsins og heimsins. Dagblöð duga líka vel til þess, tövur og regnhlífar. Fornmenn notuðu skildi til að skýla sér á bak við. Bókin veitir algjört ef hún er lögð opin yfir andlit liggjandi manns, helst í almenningsgarði á góðviðrisdegi. Pappírsangan fyllir vitin og maður þarf ekki að lesa heldur nemur textann með líkamanum. Enginn abbast upp á mann sem er eins og bók í framan, nef hans kjölur sem nær frá höku upp á enni. Heimurinn fer hjá slíkum manni og angrar hann ekki meir.
BÜCHER LESEN
Ein Buch zu lesen, ist nur eine Methode, etwas zwischen dem Gesicht und der Welt zu haben. Auch Tageszeitungen taugen hierzu, Computer und Regenschirme. Die alten Helden benutzten Schilde, um sich hinter ihnen schützen zu können. Das Buch gewährt einen perfekten Schutz, wenn es aufgeschlagen über dem Gesicht eines liegenden Menschen liegt, vorzugsweise in einem öffentlichen Park an einem Schönwettertag. Der Duft von Papier erfüllt die Sinne, und man muss nicht einmal lesen, sondern kann den Text mit dem Körper inhalieren. Keiner drangsaliert einen Menschen, der aussieht wie ein Buch im Gesicht, seine Nase ein Buchrücken, der vom Kinn bis zur Stirn reicht. Die Welt geht an einem solchen Menschen vorbei und stört ihn nicht weiter.
Es würde mich sehr freuen, wenn sich vielleicht eine Literaturzeitschrift fände, die dem deutschen Lesepublikum mehr von Sveinn Yngvi Egilsson zeigen möchte, als ich es hier mit einem Beispiel in meinen „Wortspielen“ getan habe.
„Keiner drangsaliert einen Menschen, der aussieht wie ein Buch im Gesicht, seine Nase ein Buchrücken, der vom Kinn bis zur Stirn reicht.“ – das ist nun mal ein origineller Blick auf die Rolle des Buchs. Ich hoffe, dass Herr Egilsson damit recht behält; denn es gab Gesellschaften, für die Leser verhasst waren und verfolgt wurden.
Ich habe nun endlich mal zum Verbreiten in der Buchhandlung Ihren Band „Am Meer und anderswo“ bestellt. Schön, dass Sie unermüdlich Island nach Deutschland holen.
Herzlichen Dank! Das freut mich natürlich sehr!
Wunderschön, lieber Wolfgang, die Kongresshalle Reykjaviks!
Da lässt es sich hurtig lesen, bei deeen Fenstern und deeem Blick 🙂
Hab eine feine Zeit,
liebe Sommergrüße vom Lu
PS:
Hier habe ich inzwischen auch bei mir ein feines Poem aus deinem Buch „Am Meer und anderswo“ gepostet:
https://finbarsgift.wordpress.com/2016/07/17/sommer-am-meer-steinarr/
Danke, lieber Lu! Eine feine Zeit wünsche ich Dir auch! Natürlich habe ich versucht, mir Deinen Link anzuschauen – aber bei dem Versuch ist es vorerst geblieben! Ich hätte als schifferw keinen Zugriff auf Deine Seite – hab einen neuen Rechner, daran mag es liegen! Du wirst jetzt wohl von WordPress angefragt, mir den Zugriff zu gestatten! Liebe Grüße, Wolfgang
Ist eingerichtet, lieber Wolfgang! 🙂
Lieber Lu, ja, ein schönes Gedicht vom alten Steinn hast Du da ausgewählt – mich betrübt, offen gesagt, nur ein wenig, dass keine Quelle genannt ist oder gar ein Link, der auf die kleine Anthologie, der das Gedicht entnommen ist, verweist… Z.B.: https://wolfgangschiffer.wordpress.com/2015/10/06/am-meer-und-anderswo-dichtung-von-der-insel-aus-feuer-und-eis-40/
Vielleicht magst Du es ja noch in Deinem Beitrag einfügen?
Herzliche Grüße, Wolfgang
Schon gefixt, lieber Wolfgang, dankeschoön für deinen Änderungsvorschlag 🙂
Herzliche Sommergrüße vom Lu
Danke! Und beste Grüße, Wolfgang
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