… oder warum ich mir Time-out vom Blog verordne!
Es gibt keinen Zweifel – die Sache lässt sich nicht länger verheimlichen, nicht einmal mir selber: die Rauchzeichen hier in meinem Blog werden seltener und seltener in den letzten Wochen, auf der Ablage neben meinem Schreibtisch (siehe oben) stapeln sich die Bücher, ich komme kaum noch zum Lesen und selbst zu den bereits gelesenen fehlt es an Zeit (oder einem zusätzlichen Energy Recovery System), sinnstiftend etwas darüber zu schreiben, das im Für und Wider auch noch über eine Facebook-Notiz hinaus gehen sollte!
Ja, ich muss mir eingestehen, dass es mir – neben so manchen, vor allem aus den unabhängigen Verlagen zu preisenden Büchern wie aktuell Die Installation der Angst von Rui Zink im Weidle Verlag oder Herr Grundmann sagt Franziska von Frauke Tuttlies bei Transit – nicht einmal mehr gelingt, der mir selbstverordneten „Chronistenpflicht“ nachzukommen, alle, soweit ich davon erfahre, in deutscher Übersetzung erschienenen Bücher aus Island vorzustellen – ja, selbst da hakt es derzeit gewaltig!
So liegen da immer noch beinahe unberührt Halldór Laxness´ Band Ein Angelausflug ins Gebirge mit sieben zuvor noch nicht ins Deutsche übertragenen Erzählungen des isländischen Literaturnobelpreisträgers, Kristín Marja Baldursdóttirs Roman Sommerreigen, Unnur Jökulsdóttirs Auf den Spuren der Unsichtbaren, Jón Gnarrs Teil-Autobiografie Indianer und Pirat und schließlich Seekrank in München von Hallgrímur Helgason.
Da liegt aber auch – längst gelesen – der Roman Fische haben keine Beine von Jón Kalman Stefánsson. Um den bin ich erst lange herum geschlichen, weil ich mir kaum vorstellen konnte, dass der Autor jemals wieder die Qualität seiner mich fesselnden Trilogie Himmel und Hölle, Der Schmerz der Engel und Das Herz des Menschen würde erreichen können, erschienen allesamt im Piper Verlag – und dann habe ich mir doch ein Herz gefasst und sage – eine veritable Besprechung nur kleinst ersetzend – jetzt nur: Fische haben keine Beine muss man lesen, da ist ein ganz großer Erzähler am Werk.
Mit poetischer Wucht spannt er einen Bogen über mehrere Generationen einer isländischen Familie bis in die Jetztzeit hinein und knüpft dabei ein Geflecht aus Charakteren, Motiven, Ereignissen und Gedankenwelten, die im Zusammenwirken im Kern auf eine einzige Frage zielen: was macht die Identität eines Menschen aus? Was die einer Familie? Eines Landes? Einer Nation? Das ist Island pur – und greift natürlich weit darüber hinaus! Ein großartiges Buch!
Ja, und da liegt auch ein Kriminalroman, den ich (durchaus üblich) vor der Nachtruhe, wenn sie denn kommt, gelesen habe, und über den ich gar nichts schreiben will – nein, nicht kann, weil ich mir die Freiheit nehme, keine Verrisse zu schreiben, ich hier aber nicht wüsste, wie vermeiden…
Die Rede ist von Sibirien von Fritz Már Jörgensson aus dem Schweizer KaMeRu Verlag, einer redundanten und mir wenig plausibel erscheinenden Geschichte um Arbeitslosigkeit, Depressionen und Drogen, um Gewalt und Verbrechen – übersetzt von Benedikt Grabinski, an dem es ohne jeden Zweifel nicht liegt, dass ich nicht viel mehr dazu sagen mag, verdanken wir seiner Übersetzungsleistung doch unter anderem Pétur Gunnarssons im Weidle Verlag erschienene Tetralogie über das Erwachsenwerden des jungen Andri Haraldsson – von punkt punkt komma strich bis zu Das vierte Buch über Andri.
Aber vielleicht irre ich ja auch – und ein anderer, der Sibirien liest, liest es vollkommen anders.
Natürlich gibt es eine Erklärung für mein „auffälliges“ Verhalten, die mitzuteilen ich allein schon den Partnerinnen und Partnern in den Verlagen schulde, die mir die Bücher dankenswerter Weise ja zu einem großen Teil zur Verfügung stellen!
Ich arbeite (wie parallel so oft) auch derzeit an ein paar anderen Projekten (sie haben mit Übersetzen, Schreiben, Herausgeben zu tun…), deren teilweise zeitlich recht fordernde Komplexität sich erst im Laufe der Arbeitsprozesse so richtig zu erkennen gegeben hat.
Und – ich habe durchaus versucht, die mir hierdurch für die „Wortspiele“ fehlende Zeit und Konzentration mittels etwas „einfacher“ zu gestaltender Beiträge zu kaschieren – damit ist jetzt Schluss, ich stehe dazu, dies nun gar nicht mal erst zu versuchen! Und ich bitte alle, völlig unbesorgt zu sein! Mir geht es sehr gut dabei!
Nachdem dies gesagt ist, fühle ich mich nicht nur erleichtert – ich kann sogar mit größter Gelassenheit (vor allem mir selbst gegenüber) sagen, dass das Time-out diesmal zweifelsohne sogar etwas länger dauern wird und muss.
Nächste Woche steht trotz der anderen Projekte dann doch erst einmal die Leipziger Buchmesse auf dem Programm. Da gibt es noch so einiges vorzubereiten, darf ich hier doch u. a. in meiner Eigenschaft als Jurymitglied den Jahrespreis der deutschen Schallplattenkritik an die „Macher*innen“ des Hörbuchs Thomas Kling – Die gebrannte Performance übergeben.
Im sofortigen Anschluss an die Buchmesse in Leipzig heißt mein Reiseziel dann Island. Da wartet neben Land und vor allem besten Freunden ebenfalls eine sehr schöne Aufgabe auf mich: Ich werde die deutschsprachige Fassung des Gedichtzyklus Þorpið / Das Dorf von Jón úr Vör, die Sigrún Valbergsdóttir und ich vor zwei Jahren erarbeitet haben, in ein Mikrofon sprechen!
Der Grund hierfür ist ebenso einfach wie schön! Jón úr Vörs Geburtstag jährt sich im nächsten Jahr zum 100ten Mal. In seinem Geburtsort, dem Fischerdorf Patreksfjörður im Nordwesten Islands, den alle Isländer mit dem Namen des Dichters verbinden, stammen doch viele Motive und Bilder seines Zyklus Þorpið / Das Dorf direkt aus seinem eigenen Erleben dort, sieht man diesem Ereignis mit großer Freude entgegen.
Auch sieht man in dem Ereignis eine Möglichkeit, Patreksfjörður als Reiseziel für inländische und ausländische Gäste bekannter zu machen. Es ist vor allem ein Mann namens Haukur Már Sigurðsson, Eigentümer des Restaurants „Heimsendi / Ende der Welt“ (der im Winter aber auch für die örtliche Schulkantine kocht), der neben seinem grundsätzlichen Interesse an der Dichtung auch dieses Ziel verfolgt. Dazu sollen u .a. an allen Orten und Plätzen, zu denen der Gedichtband einen Bezug aufweist, kleine Hinweisschilder auf das jeweilige Gedicht aufgestellt werden – und dieses Gedicht wiederum ist sodann über eine App abrufbar und kann gehört werden – im Original und bald auch in seiner Übertragung ins Deutsche. Hierzu hat Haukur Már Sigurðsson mich nach Island eingeladen! Begeistert sage ich nur: takk fyrir, kæri Haukur Már!
„Unsere“ Ausgabe von Þorpið / Das Dorf, die seinerzeit im Queich Verlag erschienen ist, inzwischen aber bereits nur noch in einigen Restexemplaren bei Sigrún und mir existiert, ist dank ihrer Zweisprachigkeit derzeit selbst in Island die einzig vorhandene Ausgabe des Originaltextes. Doch das wird sich noch ändern bis 2017 – davon bin ich überzeugt!
Auf Wiederhören also, Wiederlesen – tschüss und sjáumst! Ich sende ein Rauchzeichen, wenn meine „Luft“ es wieder zulässt! Ich danke für Ihr und Euer Verständnis!
Lieber Wolfgang,
alles Gute und viel Kraft wünsche ich für die vielen interessanten Projekte, die vor Dir liegen. Das klingt alles sehr aufregend. Allein die Aussicht auf Deine »literarische« Island-Reise zu Freunden, erregt Neid. (Muss gestehen, die wilde Insel im Norden noch nicht zu kennen. Aber, was nicht ist, kann ja noch werden…)
»Fische haben keine Beine« von Jón Kalman Stefánsson ist hiermit vorgemerkt.
Man hört und sieht sich.
lg_jochen
Herzlichen Dank, lieber Jochen, für diese Wünsche! Ich bleibe neugierig, wie Du über Jón Kalmans Roman denkst – da werde ich ja zu gegebener Zeit sicherlich etwas lesen können!
Gute Grüße, Wolfgang
Lieber Wolfgang, was für ein Programm für eine Pause: Reisen, lesen, Preisverleihung – unterwegs als Erlebnissammler! Schön, dass Du Dir dennoch so viel Zeit für Deine „Abmeldung“ genommen hast. Ich wünsche Dir eine gute Zeit und freue mich darauf, was Du später so über ebendiese schreiben wirst. Grüße, Sonja
Danke, liebe Sonja! Erlebnissammler – ich liebe das Wort schon jetzt, auch wenn manche Erlebnisse ja noch kommen sollen…
Liebe Grüße, Wolfgang
das ist schade, aber nachvollziehbar und konsequent.
danke für diesen bereichernden beitrag noch, lieber wolfgang,
und alles gute für deine allesamt interessanten vorhaben! 🙂
bis bald
diana
Ja, bis bald dann hoffentlich wieder – und zwischenzeitlich bleibt mir ja in jedem Fall, von Dir zu lesen! Gute Grüße, Wolfgang
Eine gute Zeit des Regenerierens! Von Stefánsson las ich bisher nur „Himmel und Hölle“, und danke für die Anregung, die anderen beiden Bände der Trilogie auch zu lesen.
Danke! Und – ich freue mich, dass meine Zeilen bereits als Anregung gewirkt haben!
Schade, aber verständlich. Alles Gute für deine zahlreichen Projekte, ich freue mich drauf, irgendwann wieder von dir zu lesen. Gute Reise!
Herzlichen Dank! Das ist schön zu lesen! Gute Grüße, Wolfgang
Lieber Wolfgang! Es gibt Zeiten, da muss man sich zurückziehen, um neue Kraft zu schöpfen… Wünsche Dir/Euch alles Gute für Eure „Auszeit“ und freue mich schon jetzt darauf wieder von Dir zu hören!
Herzlichen Dank, liebe Alicia! Wir haben ja das Glück, uns immer wieder einmal sogar bei einem Kaffee zu sehen oder an Abenden wie vielleicht sogar heute, an denen ich im KulturSalon Freiraum ein literarisches Programm zu moderieren suche! Heute geht´s mit Klara Hurkova und Hartwig Mauritz um eine deutsch-tschechische Lyrik-Anthologie!
Gute Grüße, Wolfgang
Das klingt nach vielen, vielen interessanten Projekten – und ein Tag hat nun einmal nur 24 Stunden. Viel Kraft und Erfolg damit. Und vielleicht laufen wir uns ja einmal in Köln-Sülz über den Weg…
Danke! Und – in Köln-Sülz läuft man sich eigentlich immer über den Weg, wenn man nicht gerade im Café sitzt… Welches wäre es denn hier?
Wenn, dann z.B. rund im das Weyertal, das ist eine angenehme Café-Ecke…
Ich wünsche eine erholsame Auszeit und freue mich auf kommende Rauchzeichen!
Nb. Bei Fische haben keine Beine geht es mir genauso, ich kann mir kaum vorstellen, dass die Trilogie zu toppen ist. Danke für den Hinweis, ich werde es nun auch lesen.
Kær kveðja, Monika
Herzlichen Dank für die Wünsche! Und – ich bleibe neugierig auf den Eindruck von den beinlosen Fischen… Gute Grüße, Wolfgang
Lieber Wolfgang,
und das, wo ich Deinen Blog gerade entdeckt habe. Glücklicherweise gibt es ja jede Menge nachzulesen.
Ich wünsche dir viel Spaß und Erfolg mit Deinen Projekten. Die klingen nach einem tollen Abenteuer.
Wie Du mitbekommen hast, habe ich mich ja mit Island-Literatur eingedeckt. Ich maße mich zwar nicht an, Dich zu ersetzen, aber ich versuche, die Island-Liebhaber ein wenig literarisch zu unterhalten 🙂
Bleib gesund und munter und sei herzlichst gegrüßt von
Anne
Liebe Anne, danke und – es wird Dir gelingen, das mit der isländisch-literarischen Unterhaltung! Und ich werde es lesen können und mich so auch bestens unterhalten fühlen!
Viel Spaß dabei! Herzliche Grüße, Wolfgang
“ … wenn meine Luft es zulässt ..“ – Beim Lesen Deines Pausentextes nahm ich (u.a. ehemalige Gesangslehrerin) mir vor, Dir zu schreiben: „Und vergiss das Atmen nicht!“ – Ich wünsche Dir eine wunderbare, wenn auch sicher weiterhin arbeitsreiche Zeit, dazu ausreichende Erholungspausen, und freue mich, wenn Du wieder auf ein zukünftiges Rauchzeichen, – das vielleicht von schönen Islandfotos begleitet sein wird.
Alles Gute, lieber Wolfgang. Und Dank!
Angelika
Danke für Deine guten Wünsche, liebe Angelika! Ich werde atmen – ich verspreche es! Liebe Grüße, Wolfgang
Eine gute (Aus-)Zeit und schöne Zeit in den Westfjorden, auch von mir. Das neue Buch von Jón Kalman Stefansson liegt bei mir auch noch ungelesen, vielleicht geht es mir ebenso, dass ich mir kaum vorstellen kann, was nach dieser starken Trilogie noch kommen kann, aber nun habe ich neuen Mut gefasst. Danke dafür!
Danke! Und irgendwie stimmt es mich froh, dass es andern offensichtlich ebenso wie mir ergangen ist mit der Trilogie und mit dem letzten Titel von Jón Kalman – und zugleich hoffe ich natürlich, dass es bei letzterem nicht zu viele waren, denn viele Leserinnen und Leser wünscht man dem Autor ja schon! Gute Grüße, Wolfgang
Gute Reise.
Danke! Der Wunsch wird mich begleiten!
Lieber Wolfgang, viel Erfolg und eine inspirierende Auszeit. Auf die Ergebnisse bin ich gespannt. Vielleicht hat für Auszeig such ihr Gutes und die hier schreibende Mitlesende Deines Blogs kommt auch mal hinterher, den vielen Empfehlungen zu folgen…😉
Danke, liebe Esther – und zu lieb! Wir tauschen uns dann hinterher mal aus, ja?
Liebe Grüße, Wolfgang
wolfgang, wolfgang… erst fixt du uns an mit deinem blog und dann… 😉
nein, im ernst, deine ‚probleme‘ sind natürlich nachvollziehbar, der tag hat nur 24 h und das internet mit all seinen verpflichtungen kostet viel zeit. ich merke das im moment, weil ich auch ein paar aktivitäten gekürzt habe und auf einmal deutlich mehr freiraum besitze…
ich freu mich jedenfalls, wenn du wieder rauchzeichen gibst, was hoffentlich nicht so lange dauern wird…. schließlich habe ich dir viele hinweise und tips zu verdanken, die ich jetzt vermissen werde…
bis dann….
mit liebe grüßen
Danke, sehr lieb! Und – ich bin ja selbst gespannt, wie lange ich es denn ohne Rauchzeichen aushalte; der Rauchende kommt ja auch nicht so ganz ohne Suchtsymptome davon! Gute Grüße, Wolfgang
Take it easy, lieber Wolfgang, life is a roundabout 🙂
Herzliche Frühlingsgrüße
vom Lu
Danke – und herzliche Grüße zurück! Wolfgang
Ah, schade, ich habe die Beiträge wirklich immer gern gelesen und dabei viel Neues entdeckt. Aber viel Erfolg und vor allem Freude bei den anderen Projekten!
Danke! Und – ich komme wieder und dann hoffentlich auch wieder und immer noch mit Neuem!
Pingback: Dichtung von der Insel aus Feuer und Eis (46) | Wortspiele: Ein literarischer Blog
Pingback: Zwei Gedichte … | Wortspiele: Ein literarischer Blog