Eine Literaturzeitschrift im Netz
Manches davon wird wohl leider auch für Lichtspielschlummer, Daumenkinos und tote Hunde, so der Titel des von Franz Huberth zusammengestellten aktuellen Bandes der horen (Nr. 258!) gelten, obwohl daran so namhafte Autorinnen und Autoren wie Durs Grünbein, Nora Gomringer, Judith Kuckart, Georg Klein, Monika Rinck, Dagmar Leupold, Kerstin Hensel und viele andere mitgewirkt und damit ein überaus lesenswertes Kompendium zur magischen Welt des Kinos geschaffen haben…
Auf namhafte Autoren muss auch die Literaturzeitschrift kalmenzone nicht verzichten – allem anderen aber entzieht sie sich sehr bewusst: kalmenzone erscheint ausschließlich im Netz, dort ist sie zu lesen und auch als PDF herunterzuladen – und das kostenfrei.
Der Herausgeber dieser von derart großem Elan wie altruistischem Idealismus gleichermaßen getragenen Netz-Zeitschrift ist Cornelius van Alsum; geboren am Niederrhein, lebt er jetzt in Bonn – neben der Herausgabe der Zeitschrift als Autor und Übersetzer und nach einem Studium der Fächer Geschichte, Latein und Mittellatein als Mitarbeiter im Bereich der historischen Forschung.
Honorare zahlt die kalmenzone nicht, aber immerhin lädt – und das weiß ich inzwischen aus eigener Erfahrung – der Herausgeber nach Veröffentlichung eines neuen Heftes, sprich nach dem Hochladen im Netz, wenn eben möglich die Mitwirkenden in ein Restaurant zu einem vergnüglichen Abendessen ein.
Im aktuellen Heft von annähernd 70 Seiten bin ich nun neben manch anderem Lesenswerten auf sehr feine, filigrane Prosa-Skizzen von Harald Hartung gestoßen, der Herausgeber selber beschäftigt sich ausführlich mit Gertrud Kolmars Gedicht Der große Alk, die Skandinavistin Beate Kury bespricht (für mich als Island-Interessierten natürlich besonders erfreulich) den 2011 erschienenen Roman Das Gleißen der Nacht von Sjón, dem bedeutenden isländischen Autor, der Kritik und Leserschaft hierzulande gerade wieder mit seinem neuen Roman Der Junge, den es nicht gab aufhorchen lässt.
Und eine weitere Spur führt nach Island, die sofort mein Interesse geweckt hat: Benedikt Ledebur – er veröffentlichte zuletzt den Band Ein Fall für die Philosophie, dessen Themen so Unterschiedliches wie zeitgenössische Werke, Autoren der klassischen Moderne, theoretische Ansätze und Übertragungsfragen umkreisen, hat sich hier Dieter Roths Weißes Blatt Gedichte zum Thema genommen – eine lesenswerte Betrachtung zu einem Werkabschnitt des langjährigen Pendlers zwischen Deutschland, der Schweiz und der Insel im nördlichen Atlantik.
Zum Glück, denn hätte ich es nicht getan, wären mir einige schöne Gedichte von Franz Hodjak entgangen, die hier veröffentlicht sind. Zum Beispiel dieses:
EINZUGSBEREICH
Hier fühlen sich
vor allem die Vögel wohl
und der Tod, man spricht
mit ihnen,als gehörten
sie dazu, zum Tohuwabohu,das die Gleise zu
entwirren versucht, und
Gedichtesind wie Züge,
die hierunplanmäßig
halten
Entgangen wäre mir aber auch die Sicht des Herausgebers auf den zweisprachigen Gedichtband Vom Rand der Welt von Melitta Urbancic, zu dem auch ich hier in den „Wortspielen“ bereits einmal etwas geschrieben habe – und das ebenso wie das Interview, das Cornelius van Alsum mit dem isländischen Schriftsteller Sjón geführt und dem er den treffenden Titel gegeben hat: Durch Literatur kommunizieren wir mit der ganzen Welt.

„Sólfar / Sonnenbahn“ , Stahlskulptur von Jón Gunnar Árnarson (1931–1989) in Reykjavík – Foto aus Heft 6: Cornelius van Alsum
Und ich freue mich, wenn auch Sie / wenn auch Ihr mal einen Blick in die kalmenzone werfen würden/t – ich habe dies, ehrlich gesagt, zunächst allein auch schon deshalb getan, um herauszufinden, was die Kalmenzone überhaupt ist!
Großartige Hinweise! Vielen Dank!
Ich danke meinerseits für´s Aufmerken! Und wie immer: gern geschehen!
Ich freue mich sehr über diesen Hinweis, ebenso natürlich über die wieder große „Fülle“ des Textes.
Vielen Dank, lieber Wolfgang!
(Als Enkelin eines Seefahrers wusste ich natürlich, was der Kalmengürtel, die Kalmenzone ist; – bei solchen Themen war meine Aufmerksamkeit in der Schule stets groß, – mit nachhaltiger Wirkung.)
Freut mich – das Wissen um die Kalmenzone! Als jemand, den den Nachnamen Schiffer trägt, hätte ich es natürlich auch sofort wissen müssen – aber der Niederrheiner, der ich nun mal bin, verspürte eine gewisse Unsicherheit…
… die Unsicherheit des Niederrheiners, ob er nun weiter nach Norden auf’s Meer fahren soll oder nicht? Eine hübsche Vorstellung…
Herzlichen Dank für die wunderbaren Hinweise!
Danke – und gern geschehen!
Wundervoller (auch ästhetischer) Post!
Herzlichen Dank für den Hinweis auf die Kalmenzone… klingt interessant!
Grüßle vom Lu
Grüße zurück – und Dank für´s so liebe Reagieren! Wolfgang
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Hat dies auf Blütensthaub rebloggt.