(Wieder)entdeckungen bei neuerlichen Streifzügen durch Prag
Und weil mir die Eindrücke, die ich diesmal von dort mitgebracht habe, recht umfangreich zu sein scheinen, teile ich meinen Bericht auf zwei oder gar mehr Beiträge auf – da bin ich mir noch nicht ganz sicher: heute aber, das ist sicher, steht hier Teil I.
Zunächst allgemein: der Grund, warum ich relativ häufig in Prag bin, ist vielen bereits bekannt und überaus einfach: meine Frau ist Tschechin, sie kommt aus dieser glanzvollen Metropole an der Moldau und verbringt hier noch weitaus mehr Zeit als ich – die familiären Bande bringen dies mit sich und binden sie und uns natürlich auch im engen Sinne des Wortes während unserer Aufenthalte – aber Zeit für ein paar Streifzüge, allein oder meist doch gemeinsam, bleibt uns immer …
So auch in den zurückliegenden Märztagen – Leipzig lag kalt und regnerisch hinter uns; hier in Prag war es zwar auch noch nicht wirklich frühlingshaft warm, aber die Sonne schien, das immerhin, und schickte ihre Strahlen über die Pinguine, die sich aus dem grauen Leipziger Mauer-Graffiti befreit zu haben schienen und nun auf einem schmalen Steg die Moldau entlang balancierten … Wir waren auf dem Weg zum Museum Kampa, auf der gleichnamigen Insel gelegen, welche die Moldau und der Bach Čertovka bilden – sehen wollten wir eine kleine Ausstellung von František Kupka, einem tschechischen Maler, der von 1871 bis 1957 lebte und mal als Jugendstilmaler, als Neoimpressionist oder gar als Kubist gesehen wird.Mir, nachdem ich ihn vor einiger Zeit erstmals mit einem Bild in einer Ausstellung zum Ersten Weltkrieg – zu dem er sich damals als Freiwilliger meldete und der französischen Abteilung der Fremdenlegion beitrat – gesehen hatte, imponiert das häufig beinah Rohe in seinem Werk und vor allem die enorme Intensität seiner Farben.
Sehenswert ist aber auch das Museum Kampa selbst. Es war früher einmal eine Mühle – die Sovovy mlýny, nach der heute noch das dazugehörige Restaurant benannt ist.
Ihren Wiederaufbau und ihre heutige Existenz als Museum verdankt sie der Exiltschechin Meda Mládková, die gemeinsam mit ihrem Ehemann Jan Mládek eine große Kunstsammlung vor allem auch tschechischer Künstler zusammentrug und sich nach dem Tod ihres Mannes und ihrer Rückkehr nach Tschechien mit großer Beharrlichkeit für dessen größten Wunsch einsetzte: ihre Sammlung der Stadt Prag als Geschenk zu übergeben und im Herzen der Stadt, eben in jener zerfallenen Mühle am Ufer der Moldau, der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.
Leider kann ich seine Bilder hier nicht zeigen – das Fotografieren in den Ausstellungsräumen ist strengstens verboten – aber die kleine Collage aus einer Postkarte des 1913 fertiggestellten Bildes „Kathedrale“, zwei Flyern und der Eintrittskarte mögen wenigstens einen rudimentären Eindruck von dem geben, was vor allem Meda Mládková von diesem Maler weiterhin gesammelt hat und wir nun aus nächster Nähe betrachten konnten.
Als wir das Museum verlassen hatten, bot sich uns jedoch auch noch ein anderes Bild. Auf der sonnigen Seite des Innenhofs saß bei einem Glas Wein und Wasser eine alt-ehrwürdige Dame, die mir von Broschüren, die ich über das Museum Kampa gelesen hatte, bekannt vorkam. Ich fasste all meinen Mut zusammen und sprach sie an: Ob sie Paní Meda Mládková sei, die Begründerin dieses Museums? Sie war es – und sie, inzwischen weit über 90 Jahre, freute sich sichtlich, erkannt worden zu sein und mit einem Besucher über diesen Teil ihrer Lebensleistung sprechen zu können.
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Allein diese Überschrift!
Die Fotos, die Informationen der etwas anderen Art – ich werde wohl Leute von meinem Blog aus hierher schicken 🙂
Oh, wie liebenswert! Ganz herzlichen Dank und ebensolche Grüße!
Das ist ja alles wunderbar hier, gottlob hat Wildgans mich hier her gelenkt und wenn Du auch noch öfters über Prag schreibst und über das tschechisch böhmische Universum, da werde ich ganz sicher oft hierherkommen! Und vielleicht treff ich da ja mal endlich auf Menschen, die den Film „Alois Spiegel“ gesehen haben! Und ausserordentlichen Dank für den Hinweis auf das Museum Kampa, ich glaube, wir müssen da heuer mal hinfahren! Viele liebe Grüsse
Besten Dank, liebe Graugans (übrigens der Name für das alt-isländische Gesetzesbuch…) für die schöne Rückmeldung! Eine Frage sei erlaubt: ist vielleicht der Film „Alois Nebel“ gemeint, gedreht nach der gleichnamigen Graphic Novel des tschechischen Schriftstellers Jaroslav Rudiš? Die beiden würde ich kennen – den Film habe ich bisher leider noch nicht gesehen… Gute Grüße, Wolfgang
Ach du lieber Gott, wie komm ich denn auf Spiegel, natürlich meine ich Alois Nebel! Wunderbarer Film, eine Art animierte Graphic Novel! Ich habe ein Jahr nach ihm gesucht und dann wurde er im Literaturhaus Salzburg gezeigt und gleich auch noch eine Lesung von Rudis. Wie kommt denn das, daß ein Gesetzbuch so heißt? Na ja, in einem Land, das sowas wie Beauftragte zum Schutz des Kleinen Volkes hat, da gibt es wohl auch Graugänse in der Gesetzgebung, nicht wahr? Wie heißt das denn auf Isländisch? Viele Grüsse Margarete
Macht doch nichts! Die Graugans heißt übrigens Grágás (Graugaus) – ich füge mal gleich den Link bei: http://de.wikipedia.org/wiki/Gr%C3%A1g%C3%A1s
Gute Grüße, Wolfgang
Ich will sofort nach Prag! Wunderbarer Beitrag!
Danke! Und hin! Gute Grüße, Wolfgang
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