Noch einmal: Islands Atomdichter…
Lóðabátur
Þilfar: roðgul lík á dökkum fjölum
Stafn: sem heggur í sundur báruhryggi
Spil: sem tekur undir við norðanvindinn
Háseti: sá sem togar í spotta af snæri
Formaður: bátsins ljótasti maður í glugga.
Löðrið yfir og rifinn skýjaflóki.
Undir er djúpið og þess bleiku skógar.
Fangleinenboot
Deck: fischhautgelbe Leichen auf dunklen Brettern
Bug: der Wogenrücken entzwei haut
Winde: die in den Nordwind einstimmt
Matrose: der an einem Stück Angelschnur zieht
Steuermann: des Bootes hässlichster Mann im Fenster.
Der Gischt darüber und ein zerrissener Wolkenfetzen.
Darunter sind die Tiefe und ihre bleichen Wälder.
Das Gedicht stammt aus Stefán Hörður Grímssons zweitem Gedichtband, Svartálfadans / Schwarzelfentanz, erschienen 1951. In einer Zeitschrift soll es jedoch schon Jahre vorher abgedruckt gewesen sein. Es scheint, als habe der Dichter es nicht gewagt, den Text bereits in seine erste Gedichtsammlung aufzunehmen, den 1946 veröffentlichten Band Glugginn snýr í norður / Das Fenster öffnet gen Norden. Bei dessen Gedichten dominiert noch der dem isländischen Lesepublikum damals eher vertraute traditionelle Ton – das „gebundene“ Gedicht mit festem Metrum, Alliteration und Endreim. In einigen Versen dieses ersten Gedichtbandes zeigt sich aber auch bereits ein freieres lyrisches Sprechen, bereitet sich schon der neue Ton vor, der Stefán Hörður Grímsson bald zu einem der in Island seinerzeit geschmähten „Atomdichter“ machen sollte.
Welches Ausmaß dieser Streit angenommen hatte und was die kulturpolitischen sowie die weit in die Geschichte des Landes zurückreichenden historischen Hintergründe waren, die ihn befeuerten – all dies habe ich auf der Basis von Archivfunden und in Gesprächen mit isländischen Zeitzeugen und Schriftstellern zu rekonstruieren versucht.
Das Ergebnis ist in dem Radio-Feature Islands Atomdichter – oder Der Schock der Moderne zu hören, erstmals am 14. Juni um 12:05 Uhr auf dem Sendeplatz WDR 3 Kulturfeature.
Im Pressetext zu dieser Sendung heißt es u a.:
Kann neue Poesie ein ganzes Land in Aufruhr versetzen? Offensichtlich – wenn es sich um eine Insel handelt, deren nationale Identität auf einer Jahrhunderte alten literarischen Tradition beruht. In Island brach in den 50er Jahren ein spektakulärer Lyrikstreit aus.
Wer zuvor schon etwas über das Radio-Feature hören will, der ist herzlich eingeladen, am 25. Mai ab 15:30 der Wortspiel-Radio-Sendung zu folgen, in der sich der ichsagmal-Blogger Gunnar Sohn neben dem Thema Literatur zum 1. Weltkrieg auch hierüber mit mir unterhalten will.
WIRKLICH toller Bericht und ZAUBERSCHÖNE Fotos wieder, Wolfgang!
Für mich weiterhin unübertroffen Halldor Laxness‘ Atomstation! IMMER wieder so was von lesenswert!!!
LG vom Lu
Herzlichen Dank für´s Mögen! Ich stimme zu: „Atomstation“ – darin kommt das Schmähwort „Atomdichter“ übrigens vor – ist ein wunderbarer Roman. Doch auch „Am Gletscher“ oder „Die Litanei von den Gottesgaben“ und, und, und… Neben den Isländersagas war es vor allem das Werk von Halldór Laxness, das mich ja island-infiziert hat werden lassen! Liebe Grüße, Wolfgang
Hat dies auf Ich sag mal rebloggt.
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