Dichtung von der Insel aus Feuer und Eis (21)

Meine Reise durch die isländische Poesie

Im Hafen von Reykjavík © Wolfgang Schiffer

Im Hafen von Reykjavík © Wolfgang Schiffer

Mein heutiges „Rauchzeichen“ zur isländischen Dichtkunst stammt wieder einmal von Snorri Hjartarson (1906 bis 1986); in einem früheren Beitrag habe ich ihn bereits einmal mit einem anderen Text vorgestellt.
Gerne erinnere ich aber noch einmal an ihn, zumal ich mich vor wenigen Tagen plötzlich selber intensiv an seine Poesie erinnert habe.

Es galt, einer lieben Freundin ein Geburtstagsgeschenk zu machen – und da kamen mir die Gedichte Snorri Hjartarsons und der Band in den Sinn, mit dem der Buchkunstverlag Kleinheinrich diesen Lyriker vor vielen Jahren dem deutschen Lesepublikum bekannt gemacht hat: Snorri Hjartarson – Brunnin flýgur álft / Brennend fliegt ein Schwan. Und siehe da: dieses großformatige, mit Aquarellen von Bernd Koberling reich illustrierte Buch war und ist noch nicht vergriffen.

Snorri Hjartarson studierte zunächst Kunst in Kopenhagen und Oslo, erkannte aber wohl bald, dass seine eigentliche Begabung in der Literatur lag. Noch in Oslo erschien ein Roman von ihm in norwegischer Sprache, ein Künstlerroman, der durchaus autobiographische Merkmale trägt. Zurück in Island dauerte es allerdings einige Jahre, bis er 1944 einen ersten Gedichtband mit dem schlichten Titel Kvæði / Gedichte publizierte; mit Á Gnitaheiði / Auf der Gnitaheide (1952), Lauf og stjörnur / Laub und Sterne (1966) sowie Hauströkkrið yfer mér / Herbstdunkel über mir (1979) folgten ihm drei weitere Sammlungen. Für die letzte wurde er mit dem Literaturpreis des Nordischen Rates ausgezeichnet.

Abermals im Hafen von Reykjavik © Wolfgang Schiffer

Abermals im Hafen von Reykjavik © Wolfgang Schiffer

Hier nun das Gedicht, das der von Franz Gíslason und mir 1997 übertragenen Auswahl aus dem Gesamtwerk des Dichters den Titel gab:

Brunnin flýgur álft

Brunnin flygur álft
eldvængjum björtum
teygir svartan háls

flogin úr eldi þeim
sem engu þyrmir

teygir svartan háls
hrapar

Brennend fliegt ein Schwan

Brennend fliegt ein Schwan
auf hellen Feuerschwingen
reckt den schwarzen Hals

geflogen aus dem Feuer
das nicht schont

reckt den schwarzen Hals
stürzt ab

Das erwähnte Buch und weitere Bände mit isländischer Lyrik

Das erwähnte Buch und weitere Bände mit isländischer Lyrik

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Über Wolfgang Schiffer

Literatur (und alles, was ihr nahe ist) ist m. E. eines unserer wichtigsten Nahrungsmittel. Also zehre ich von ihr und versuche, sie zugleich zu nähren: als Autor, als Übersetzer, als Vermittler und nicht zuletzt als Hörer und Leser.
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7 Antworten zu Dichtung von der Insel aus Feuer und Eis (21)

  1. finbarsgift schreibt:

    ein schwan
    fast wie
    ikarus

    • schifferw schreibt:

      Wohl wahr! Ob es hier die Sonne oder aber ein Vulkan war, bleibt die Frage…

      • finbarsgift schreibt:

        stimmt *lächel* scheint denn über Island niemals die Sonne?! 🙄 und diese Vulkane, sind die nicht wirklich gefährlich für die Leute dort vor Ort???

  2. was für ein feiner, informativer Beitrag, und so schön illustriert. Das Buch sieht verlockend aus – aber am liebsten mag ich das Foto mit den beiden Schiffen in rostrot.
    Liebe Grüße, Kai

    • schifferw schreibt:

      Hab Dank, lieber Kai, für diesen Kommentar! Bin selber überrascht gewesen, wie gut dieses Rostrot in dem Ausschnitt „kommt“ – dabei sind es dieselben Schiffe, die auf dem nächsten Foto zu sehen sind, halt nur von hinten…
      Gute Grüße, Wolfgang

      • kommt halt immer auf die Perspektive an, wie im richtigen Leben im valschen, um mal Gernhardt schlecht zu zitieren. Allerdings Sehern die Schiffe von vorne, bei genauerer Betrachtung nicht weniger malerisch und mitgenommen aus…
        Noch ein Gruß, Kai

  3. Pingback: Dichtung von der Insel aus Feuer und Eis (24) | Wortspiele: Ein literarischer Blog

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