Meine Reise durch die isländische Poesie
Matthías Johannessen wurde im Januar 1930 in der isländischen Hauptstadt geboren. Als Jugendlicher, so erzählte er mir jüngst noch, fuhr er zur See und arbeitete vorübergehend gar im englischen Bergbau, studierte dann jedoch u. a. Isländische Literatur an der Universität Islands und später in Kopenhagen. Bereits während seiner Zeit in Kopenhagen arbeitete er freiberuflich als Journalist für „Morgunblaðið“, der größten isländischen Tageszeitung, für die er später hauptberuflich tätig wurde, zuletzt als Chefredakteur und Herausgeber.
Parallel zu seiner journalistischen Tätigkeit hat Matthías Johannessen jedoch auch ein äußerst umfangreiches literarisches Werk geschaffen. Es umfasst Theaterstücke, Hörspiele, Romane sowie Erzählungen und vor allem Poesie, weit über 20 Bände. Seine erste Gedichtsammlung, „Borgin hló / Die Stadt lachte“, erschien 1958 und zeigt ihn als einen Dichter in der unmittelbaren Nachfolge der in meinen Beiträgen bereits mehrfach erwähnten „Atomdichter“; manche rechnen ihn diesen sogar noch zu. Und auch er selbst versteht sich in Teilen seines Schaffens als ein solcher, auch wenn ihn die Integration von Stoffen und Stilmitteln der lyrischen Tradition Islands in die moderne Ausformung stets wichtig geblieben ist.
Hiervon zeugt auch das heutige Gedicht, das sich auf die Entstehung der Vulkaninsel Surtsey bezieht. Diese erhob sich am 14. November 1963 infolge einer vulkanischen Ausbruchserie etwa 30 Kilometer vor der Südküste Islands aus dem Atlantik und ist seither die nach Heimaey zweitgrößte der Westmännerinseln und Islands südlichster Punkt.
Entnommen ist das Gedicht der 2011 im Verlag seltmann & söhne erschienenen zweisprachigen Sammlung mit Gedichten von Matthías Johannessen, „Andblær við svanavæng / Windhauch am Schwanenflügel“, ausgewählt und übersetzt von Gert Kreutzer und Sverrir Schopka.
Arnfögur
er jörðin
Lundinn er seztur að
í Surtsey,
við aðrar aðstæður
en þegar ég var að lýsa
gosinu í Observer,
þá stóð reyksúla
til himins
og hafið sauð
eins og Sóði,
Ísleifur Konráðsson
lýsti eyjunni síðar
eins og erni á eggjum
því hann hafði barnshuga,
nú er Surtsey lundfögur
eins og Heimaey,
þessi ótvíræða jörð
úr ægi,
bíður ótrauð eftir svartsfugls-
eggjagrænu grasi.
Adlerschön
ist die Erde
Der Papageitaucher hat
auf Surtsey Fuß gefasst
unter anderen Umständen
als ich den Ausbruch
im Observer geschildert habe,
damals ragte die Rauchsäule
zum Himmel
und das Meer kochte
wie Sóði,
Ísleifur Konráðsson
verglich die Insel später
mit einem Adler auf seinem Gelege
denn er hatte ein kindliches Gemüt,
nun ist Surtsey so reich an Papageitauchern
wie Heimaey,
diese unzweifelhafte Erde
aus dem Meer,
wartet unverdrossen auf das lummen-
eigrüne Gras.
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